Kontakt
Vera Podskalsky studierte von 2010 bis 2016 Germanistik, Frankoromanistik und Ethik der Textkulturen (Elitenetzwerk Bayern) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Das Wintersemester 2012/2013 absolvierte sie an der Université Rennes 2. Während ihres Studiums übernahm sie 2011 und 2013 ein Tutorat für den Einführungskurs in die Germanistische Mediävistik. Ab 2014 arbeitete sie als studentische Hilfskraft am Erlanger Zentrum für Literatur- und Naturwissenschaften (ELINAS) mit. Ihre Masterarbeit “Vorsicht Satire!” Jan Böhmermann und die PARTEI: Neue Formen der Satire im 21. Jahrhundert und ihre ethische (Un-)Begrenztheit wurde 2017 mit dem Rudolf-von-Raumer-Preis des Alumnivereins Germanistik für herausragende Abschlussarbeiten ausgezeichnet.
Im Anschluss an ihr Studium in Erlangen begann Vera Podskalsky außerdem ein weiteres Masterstudium in Journalistik an der Universität Leipzig. Seit April 2017 promoviert sie am Graduiertenkolleg „Faktuales und fiktionales Erzählen“.
„Make factuality sexy again“? Disruptive Desinformation und fluide Öffentlichkeiten [Arbeitstitel] (Betreuer/Betreuerin: Prof. Dr. Stephan Packard, Prof. Dr. Evi Zemanek)
Seit 2016 kursieren die Begriffe „post-truth“ oder „postfaktisch“ in medialen und wissenschaftlichen Diskussionen. Ausgehend von der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten, dem Brexit und dem Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in Europa bezeichnet die Rede vom Postfaktischen Veränderungen im faktualen Wahrheitsanspruch politischer und medialer Kommunikation. Zum einen werden dabei quantitative Veränderungen thematisiert, also die zunehmende Verbreitung von Des- und Misinformation. Zum anderen werden hiermit zusammenhängende qualitative Veränderungen angeführt: Die Begründbarkeit durch intersubjektiv nachvollziehbare Fakten spiele schon dem Anspruch nach keine Rolle mehr, stattdessen würden andere Kriterien, wie die Übereinstimmung mit persönlichen Ansichten oder Emotionen explizit als wichtiger markiert. „Post-truth“ und „postfaktisch“ wurden aufgrund ihrer Unschärfe kritisiert (Finlayson 2019), gleichzeitig scheinen die Diskussionen auf Probleme im Umfeld von Wahrheitsbehauptungen zu verweisen, die über die reine Verbreitung von Falschinformationen hinausgehen. Auffällig sowohl an der Postfaktizitäts-Debatte als auch an den Beispielen, auf die sie sich bezieht, ist dabei nicht nur das konstatierte Desinteresse an Fakten (etwa, weil offensichtlich widersprüchliche Behauptungen als wahr akzeptiert werden), sondern im Gegenzug auch ein gesteigertes Interesse daran. Im Sinne einer „hyperfactual era“ (Farkas / Schou 2018) lässt sich auch feststellen, dass sehr viel und sehr umfassend über Wahrheit und Unwahrheit diskutiert wird. Dabei nehmen die Diskussionen über „Wahrheit“ eine Art Stellvertreterfunktion ein: Politische Konflikte werden über den ausführlichen Austausch plausibler und absurder Faktenbehauptungen ausgetragen. Besonders deutlich wird das an der paradigmatischen Diskussion um die Zuschauermenge bei Donald Trumps Amtseinführung 2017 und Kellyanne Conways Begriff der „alternativen Fakten“.
Ziel der Arbeit ist, anhand dieses Beispiels ein diskursanalytisches und öffentlichkeitstheoretisches Analysewerkzeug für diese Stellvertreterdiskussionen bereitzustellen. Anhand des Foucaultschen Begriffs der „Wahrheitsmanifestation“ wird untersucht, auf welcher Grundlage Subjekte als wahrsprechend anerkannt werden und wie sie sich selbst als wahrsprechend inszenieren. Welche Formen von Wahrheitsmanifestationen (zum Beispiel Ausstellen von bildlicher Evidenz, unmittelbarer Zeugenschaft oder die Betonung von Antagonismen) treffen aufeinander und welche Wechselwirkungen entstehen dabei? Wahrheitsmanifestation ist dabei ein Zuschreibungsbegriff und wird mit Foucault als Knotenpunkt von Wissensordnungen, Machtmechanismen und Subjektivierungsweisen begriffen. So ruft etwa Donald Trump mit seiner „Fake News“-Verwendung Regeln journalistischen Wissens auf, bricht dann aber mit diesen, indem er den Begriff ausschließlich normativ umwertet, und scheint über die Verstärkung von Antagonismen gerade dadurch seine Inszenierung als besonders aufrichtiges Subjekt zu unterstützen. Auch anhaltende Diskussionen über „Fakten“, die durch besonders absurde Behauptungen ausgelöst werden, sind als Wahrheitsmanifestationen zu analysieren: Über „Desorientierungen“ (Benkler et al. 2018) als disruptive Strategien wird der Eindruck erzeugt, die Produktion von Wissen sei sowieso willkürlich, sodass die Entscheidung über Wahrheit oder Unwahrheit letztlich ausschließlich zur Entscheidung über Gruppenzugehörigkeiten wird. Disruptive Strategien werden daher im zweiten Schritt in die Beschreibung medialer und politischer Öffentlichkeit miteinbezogen: Was bedeutet „disrupted public spheres“ (Bennett/ Pfetsch 2018) und wie entstehen neue Öffentlichkeiten durch Unterbrechungen (etwa durch Störung eines angeblichen Konsenses durch Falschinformation)? Die Rede von einer Fragmentierung von Öffentlichkeit wird vor diesem Hintergrund als sich verfestigender Zusammenschluss verschiedener Teilöffentlichkeiten verstanden, die sich in Abgrenzung zu anderen Öffentlichkeiten konstituieren.
seit 08/2018 Mitglied der wissenschaftlichen Redaktion der Zeitschrift Medienobservationen