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Dr. Verena Spohn

 
Dissertation publiziert als:

Vom Du erzählen: Die Du-Anrede als narrative Strategie in volkssprachlichen religiösen Texten des späten Mittelalters. Bibliotheca Germanica. Tübingen: Narr, 2023.

 

Portrait von Patrick Galke

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Wissenschaftlicher Lebenslauf

Verena Spohn studierte von 2008 bis 2015 an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg die Fächer Klassische Philologie (Latein), Germanistik und Geschichte. Während ihres Studiums war sie als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl Mittelalterliche Geschichte (Prof. Dr. Birgit Studt) tätig, an dem sie ein Tutorat zur Einführung in die Geschichtswissenschaft übernahm. Sie arbeitete außerdem als studentische Hilfskraft im SFB 1015 Muße. Konzepte, Räume, Figuren (Teilprojekt C1: Paradoxien der Muße im Mittelalter. Paradigmen tätiger Untätigkeit in höfischer und mystischer Literatur) mit und leitete ein Mentorat zur Vorbereitung auf die Staatsexamensklausur Ältere deutsche Literatur am Deutschen Seminar. Von 2012 bis 2015 war sie Stipendiatin des Deutschlandstipendiums. Ihre wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel „Heilsgeschichte erzählt: Zur Integration von Auszügen aus Bruder Philipps Marienleben in Von Gottes zukunft Heinrichs von Neustadt (München, BSB, Cgm 5092)“ wurde vom Verband der Freunde der Universität Freiburg im Breisgau e.V. mit einem Stipendium gefördert und mit dem Preis der Alumni Freiburg für hervorragende Abschlussarbeiten (Philologische Fakultät) ausgezeichnet.
Von Oktober 2015 bis September 2018 promovierte sie als Kollegiatin des Graduiertenkollegs 1767 Faktuales und Fiktionales Erzählen.
Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die geistliche Literatur des Mittelalters, insbesondere Bibelepik und Gebetsliteratur, Laienfrömmigkeit sowie die historische Narratologie.

Dissertationsprojekt

Vom Du-Erzählen. Die Du-Anrede als narrative Strategie in volkssprachlichen religiösen Texten des späten Mittelalters
(Betreuerinnen: JunProf. Dr. Henrike Manuwald und Prof. Dr. Monika Fludernik)

Projektbeschreibung:

In meiner Dissertation, die ich im September 2018 eingereicht und im Mai 2019 verteidigt habe, habe ich das Phänomen der narrativ gebrauchten Du-Anrede in volkssprachlichen religiösen Texten des späten Mittelalters. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass die mittelalterliche religiöse Literatur pragmatisch funktionalisiert ist und einen festen Sitz im Glaubensleben besitzt (Hartmann: Religiöse Texte als linguistisches Objekt 1973). Religion entfaltet somit eine „poetogene“, d.h. literaturschaffende Kraft (Asssmann/Assmann: Das Geheimnis und die Archäologie der literarischen Kommunikation 1997), die sich in der Entwicklung einer leistungsfähigen Erzähl- und Kommunikationshaltung niederschlägt. Mit der narrativ gebrauchten Du-Anrede nimmt die Arbeit eine Erzählstrategie in den Blick, mit der das Transzendente als prinzipiell Unverfügbares greifbar gemacht und ein Austausch zwischen Gläubigen und dem Göttlichen bzw. Heiligen möglich werden kann.

Von den vielfältigen Formen der Anrede, die die mittelalterliche Literatur kennt, unterscheidet sich die narrative Apostrophe in drei Aspekten, die sich in der narratologischen Forschung zur (post-)modernen Du-Erzählung als Minimalkonsens etabliert haben: Neben dem Vorhandensein einer Anrede (1), die sich an den Protagonisten der erzählten Welt richtet (2), muss das Kriterium der Narrativität erfüllt sein (3) (vgl. Wiest-Kellner: Messages from the Threshold 1999). Während dies prinzipiell auch für die mittelalterliche Du-Erzählung gilt, unterscheidet sich die Ausgestaltung der Kommunikationssituation jedoch stark von der der modernen Du-Erzählung: Das angesprochene Du ist nicht Teil eines fiktiven Weltentwurfs, sondern als göttliche bzw. heilige Entität auch textextern präsent und überzeitlich ansprechbar; ihr Wirken wird dazu instrumentalisiert, erneutes Handeln zu motivieren. Diese ausgeprägte Performativität der mittelalterlichen Du-Erzählung wurzelt in der Tradition des gebetshaften Sprechens, das mit narrativen Elementen neu amalgamiert wird. Damit entfallen auch die in den modernen Du-Erzählungen häufigen Plausibilisierungsversuche, die die einem Natürlichkeitsparadigma widersprechende Kommunikationssituation zu erklären, in der einem Gegenüber dessen eigene Geschichte erzählt wird.

Anhand eines Untersuchungskorpus aus Erzähl- und Gebetstexten sowie deren Zwischengattungen habe ich nach den narratologischen Spezifika der mittelalterlichen Du-Erzählung (I. Schwerpunkt) und diese im Kontext der spätmittelalterlichen laikalen Frömmigkeitspraxis (II. Schwerpunkt) betrachtet. Neben einem narratologischen Zugang wurden hierfür auch Ansätze und Konzepte aus der Sprachphilosophie und der Linguistik gewählt.

 

Vorträge und Präsentationen

  • Mai 2018 „Narrating the You. The Second-Person Address as Narrative Strategy in Late Medieval Texts” – Workshop „New Direction in German Medieval Studies“, Trinity College, Cambridge, UK
  • April 2018 „Das ich solt da by gewesen. Eintauchen in den heilsgeschichtlichen Imaginationsraum in Bertolds ‚Zeitglöcklein‘“ – OFFG (Doktorandenkolloquium der Universitäten Oxford, Freiburg, Fribourg und Genf) in Genf
  • November 2017. „Sinner and Saint. Imaginations of the Christian Body and the commitment to Christian values in the late medieval Gebet vom Leben der Heiligen Elisabeth“ – Konferenz „Re-Imagining the Christian Body. Interdisciplinary Conference“, University of Turku
  • September 2017. „Übersetzen als Brückenschlag zum Seelenheil in volkssprachlichen religiösen Erzählungen des Mittelalters“ – Konferenz „Germanistik im Umbruch“, Universidade de Santiago de Compostela
  • Mai 2017. „Inscribing oneself in the Christian Universe. Strategies of Self-Characterization in Religious Texts from the Late Middle Ages“ – The 52nd International Congress on Medieval Studies, Kalamazoo, MI
  • Mai 2017. „(K)ein wirkmächtiges Ding? Die mittelalterliche Vorstellung von sakralen Dingen und ihrer Handlungsmacht am Beispiel der vera eicon in der religiösen Dichtung Christi Hort und den Gedichten des ›Wilden Mannes‹“ – OFFG (Doktorandenkolloquium der Universitäten Oxford, Freiburg, Fribourg und Genf) in Freiburg i. Br.
  • März 2017. „ich han sein antlutz hie. Das Schweißtuch der Veronika als wundertätiges ‚Ding‘ in Gundackers von Judenburg Christi Hort und anderen Pilatus-Veronika-Legenden des (späten) Mittelalters“ –   Konferenz ‚Das Verhältnis von res und verba. Zu den Narrativen der Dinge‘ in Neuchâtel
  • März 2017. „Textuelle Form als Geheimnisträger –  Strategien der Nähesprachlichkeit in Gundackers Christi Hort und in Von Gottes zukunft Heinrichs von Neustadt als Schlüssel zum Geheimnis des Glaubens“ – Konferenz‚ 17. Mediävistensymposium‘ in Bonn
  • Dezember 2016. „Die Du-Form als narrative Strategie im Grenzgebiet von Gebet und Erzählung in volkssprachlichen Texten des Spätmittelalters“ beim Workshop „7. Wuppertaler Graduiertenforum Narratologie“, Wuppertal
  • November 2016. Einladung zur Podiumsdiskussion „Erzählte schrifttragende Artefakte: Fakten und Fiktionen“ der Arbeitsgruppe „Metatexte und schrifttragende Artefakte“ des Sonderforschungsbereichs 933. Heidelberg
  • April 2016. „Vom Du erzählen“ – OFFG (Doktorandenkolloquium der Universitäten Oxford, Freiburg, Fribourg und Genf) in Fribourg/CH.

Lehre

  • Proseminar „Sprachlich orientierte Lektüre am Beispiel Weltchroniken“ (Deutsches Seminar, Universität Freiburg) im SoSe 2019
  • Begleitseminar zur “Einführung in die mittelalterliche Sprache und Literatur” (Deutsches Seminar, Universität Freiburg) im WiSe 2018/19
  • Begleitseminar zur “Einführung in die mittelalterliche Sprache und Literatur” (Deutsches Seminar, Universität Freiburg) im WiSe 2017/18
  • Begleitseminar zur “Einführung in die mittelalterliche Sprache und Literatur” (Deutsches Seminar, Universität Freiburg) im WiSe 2016/17
  • Latein II (SLI, Klassische Philologie, University Freiburg) im WiSe 2014/15, SoSe 2015, WiSe 2015/16, SoSe 2016

Organisation

  • Februar 2017. Konferenz „Renarrativierung in der Vormoderne. Funktionen – Transformationen – Rezeption“, February 23-25, Liefmannhaus, Universität Freiburg; gemeinsam mit Sebastian Kleinschmidt und Thorsten Glückhardt.

Publikationen

  • (2018) „(K)ein wirkmächtiges Ding? Mittelalterliche Vorstellungen von sakralen Dingen und ihrer Handlungsmacht am Beispiel der vera icon in der religiösen Dichtung Christi Hort.Res et verba. Zu den Narrativen der Dinge. Hg. v. Alexander Kling und Martina Wernli. Freiburg i. Br./Berlin/Wien: Rombach (litterae), S. 101-120.
  • mit Sebastian Kleinschmidt. „Was ein Rahmen möglich macht: Die mittelalterliche Vision als ‚Spielraum‘ des Fiktionalen.“ Geschichte der Fiktionalität. Diachrone Perspektiven auf ein kulturelles Konzept. Hg. v. Johannes Franzen, Patrick Galke-Janzen, Frauke Janzen und Marc Wurich. Würzburg: Ergon Verlag, S. 89-116.
  • mit Sebastian Kleinschmidt (Hg). Renarrativierung in der Vormoderne. Würzburg: Ergon Verlag.