Dissertation publiziert als:
Qualitative Agency-Analyse: eine Untersuchung kubanischer mündlicher Erzählungen. Freiburg: University of Freiburg, 2021.
Kontakt
sophie.figueredo-hardy@romanistik.uni-freiburg.de
Dissertation publiziert als:
sophie.figueredo-hardy@romanistik.uni-freiburg.de
Sophie Figueredo-Hardy studierte von 2008 bis 2011 IberoCultura (Spanische Sprache, Literatur und Kultur) und Portugiesisch an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, im Rahmen dessen sie ein Semester an der Universidad de Granada absolvierte. Auf einen Sprachaufenthalt an der Università per Stranieri di Perugia folgte von 2011 bis 2014 das M.A.-Studium der Romanistik (Spanisch, Italienisch) mit dem Schwerpunkt Sprachwissenschaft. Während ihres Studiums war sie als wissenschaftliche Hilfskraft für Prof. Dr. Rolf Kailuweit und Prof. Dr. Stefan Pfänder tätig. Von 2014 bis 2015 arbeitete Sophie Figueredo-Hardy u.a. an der Freien Universität Berlin als Lehrkraft für Deutsch als Fremdsprache, bis sie im Oktober 2015 ihre Promotion am GRK 1767 begann. Zu ihren Forschungsinteressen zählen die Gesprächsanalyse, das mündliche Erzählen und Bereiche der Hispanistik, insbesondere die Kultur und Gesellschaft im gegenwärtigen Kuba.
Agency in kubanischen mündlichen Erzählungen
(Betreuer: Prof. Dr. Rolf Kailuweit und Prof. Dr. Stefan Pfänder)
Das Projekt sieht primär eine gesprächsanalytische Untersuchung der situierten (Ko-) Konstruktion von Agency in autobiographischen Interviews mit kubanischen Gesprächspartnern vor. Dabei wird Agency als eine sprachlich vermittelte und somit induktiv rekonstruierbare, in Interaktion produzierte, subjektive Erfahrung von Handlungsmächtigkeit verstanden. Die Analyse umfasst folgende von Lucius-Hoene (2012) übernommene Oberkategorien: (1) linguistische Agency in den Erzählsätzen (lokale, sprachliche Ebene), (2) Agency des Erzählers in der Erzählsituation (interaktive, hörerorientierte Ebene) und (3) narrative Agency des Erzählers durch die Art der Geschichtenversion, Evalution und Moral der Geschichte (gesamtbiographische, kulturelle Ebene). Als methodische Grundlage dienen interaktionsbasierte Positionierungsmodelle (v.a. Bamberg 1997 und Lucius-Hoene und Deppermann 2004); darüber hinaus sollen relevante Konzepte aus unterschiedlichen Disziplinen auf ihre Anwendbarkeit hin überprüft und ggf. miteinbezogen werden, beispielsweise aus der Konversationsanalyse (z.B. Heritage und Raymond 2005), der linguistischen Anthropologie (z.B. Duranti 2004) und der Soziologie (z.B. Emirbayer und Mische 1998).
Im Rahmen der Themantik des Graduiertenkollegs wird eine Auseinandersetzung mit einer dem mündlichen autobiographischen Erzählen inhärenten Spannung zwischen Faktualität und narrativer Flexibilität erfolgen: auf der einen Seite handelt es sich beim autobiographischen Erzählen um eine eindeutig faktuale Textsorte, da der Sprecher eine faktuale Rezeption des Erzählten durch die anderen anwesenden Diskursteilnehmer intendiert und eine Art ungeschriebenes Gesetz in der zwischenmenschlichen Kommunikation besteht, dass ein Sprecher beim autobiographischen Erzählen die Rezeptionsbereitschaft seiner Zuhörer nicht ausnutzen soll (Boothe 2010: 165). Trotz des Referenzialitätsanspruchs ist die jeweilige narrative Darstellung eines Ereignisses aber stets gleichzeitig an den spezifischen kommunikativen Kontext und die spezifischen kommunikativen Ziele gebunden, stellt eine interaktiv hervorgebrachte Ko-konstruktion dar und unterliegt nicht zuletzt einer organischen Gedächtnisleistung. Autobiographisches Erzählen dient folglich trotz seines Faktualitätsstatus nicht etwa der dokumentarischen Selbstdarstellung, sondern ist vielmehr eine Plattform, um Identitäten in situ auszuhandeln und auszuprobieren (vgl. Bamberg 2010), weswegen zu unterschiedlichen Zeitpunkten hervorgebrachte sprachliche Realisierungen einer autobiographischen Episode variieren. Beispiele aus dem Subkorpus transkribierter Wiedererzählungen (d.h. jeweils zwei zeitlich versetzt durchgeführter Interviews mit einem Gesprächspartner) sollen diese Flexibilität veranschaulichen.